Auslandhund
ANGSTHUND
Dieses Jahr durften wir wiederum, wie
schon Jahre zuvor auch, viele Stunden mit sogenannten Angsthunden verbringen.
Eine Arbeit die auf der einen Seite viel Freude macht, wenn man durch den
Einsatz etwas Positives bewirken kann, auf der anderen Seite aber auch sehr
grosse Betroffenheit auslöst. Immer wieder wird man mit der Tatsache
konfrontiert, dass wir Menschen diesen Hunden so viel Leid zugefügt haben, dass
sie nur mehr schwer in ein normales Leben zurückfinden können. Wenn überhaupt
jemals. Einige sind durch ihre Erlebnisse so geschädigt, dass es sehr, sehr
intensiv ist, diese Hunde zu therapieren. Diese Therapien stellen aber auch an
den jeweiligen Halter sehr grosse Anforderungen. Sie sind zeitintensiv und
brauchen viel Geduld und Zuwendung und einiges an Geld. Nicht selten sind die
Halter mit diesen Situationen überfordert. Man wollte doch einen Hund mit dem
man viel unternehmen kann und nun hat man einen Hund zu Hause der anders tickt
als man sich das vorgestellt hat. Der schwierig ist, der alles kaputt macht,
zerbeisst, zerkratzt, der nicht alleine sein kann, ein Hund der sich vor Angst
immer wieder in den Wohnräumlichkeiten versäubert, der Angst vor Männern hat,
der zuschnappt wenn ihm jemand zu nahe kommt. Viele dieser Tiere haben auch
Probleme mit Kindern. Die Liste könnte noch beliebig erweitert werden. Nun
fragt man sich natürlich warum es auf einmal so viele Angsthunde gibt. Ein
Umstand liegt sicher daran, dass Tierschutzorganisationen viele Auslandhunde in
die Schweiz bringen. Diese Hunde werden dann jeweils relativ preiswert
vermittelt. Viele dieser Hunde sind problematisch. Man hat sie als wild lebende
Hunde eingefangen. Meistens auf brutale Art und Weise. Phobien und
neurotische Verhaltensstörungen, was in erschreckendem Ausmass stereotypische
Verhaltensweisen hervorruft, sind die Resultate des Freiheitsentzuges, der
anschliessenden Gefangenschaft und der zum Teil unsensiblen Transporte.
Bei uns angekommen, werden sie dann
sofort auf "Programm" getrimmt. Halsband, Leine, Geschirr und in
unserem verdichteten Umfeld einem Lärmpegel ausgesetzt der sie an den Rand des
Wahnsinns bringt. Einzug in eine Wohnung oder ein Haus mit allen Vor- und
Nachteilen, aber dem Hund halt unbekannt ist. Womöglich noch eine Katze im
gleichen Haushalt. Und das Tüpfchen auf dem i ist dann noch der neue Halter mit
seinen Wünschen und Forderungen was die Hygiene angeht. Der Hund stinkt, er
muss sofort gebadet werden, dann ab zum Tierarzt und weil das Fell nicht
gepflegt ist, wird auch sofort der Friseurtermin vereinbart. Möglichst alles in
den ersten zwei Tagen. Man will ja ein pflichtbewusster Hundehalter sein. Der
Termin in der Hundeschule ist auch schon lange fixiert. Man wurde von der
Vermittlungsstelle explizit auf diese Pflicht aufmerksam gemacht. Dass dieses
Programm kein Problem darstellen wird, zeigen Frau Müller und Frau Meier
aus der Nachbarschaft denn sie praktizieren es mit ihren Hunden ja auch. Gemäss
der Beschreibung der Tierschutzorganisation hat man sich einen tollen,
liebenswerten Hund geholt, der zwar kleinere Unsicherheiten hat, sonst jedoch
keine Probleme mitbringt. Und mit so einem Hund kann man ja unbesehen sofort
das ganze Programm starten.
Leider sieht oft die Realität als
Besitzer eines Hundes aus dem Ausland ganz anders aus und eines Tages
steht man völlig ratlos da und überlegt sich, den Hund wieder abzugeben. Bevor
das Tier nun zu einem Wanderpokal wird, bin ich gerne bereit dank meiner
Erfahrung mit Hunden aus dem Ausland, unterstützend zur Seite zu stehen. Ich
selber habe während 10 Wochen auf dem Balkan wild lebende Hunde beobachtet,
weiss also von deren Verhalten als frei lebende Tiere, habe gesehen und erlebt
wie traumatisch es für diese Wesen ist wenn sie eingefangen und in
Gefangenschaft genommen werden. Dank dem Vertrauen das mir Besitzer solcher
traumatisierten Hunde entgegengebracht haben, konnte ich mir neben dem
Fachwissen viel praktische Erfahrung aneignen. Erfahrungswerte die ich gerne
weitergebe.